Der Waldkindergarten Wiesmoor ist wie jede andere Tageseinrichtung für Kinder eine sozialpädagogische Einrichtung und hat neben der Betreuungsaufgabe einen eigenständigen Erziehungs- und Bildungsauftrag als Elementarbereich des Bildungssystems.

Die gesetzlichen Grundlagen sind das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) und das Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen (KiTaG) sowie der Orientierungsplan.

„Der Kindergarten hat seinen Erziehungs- und Bildungsauftrag im ständigen Kontakt mit der Familie und anderen Erziehungsberechtigen durchzuführen und insbesondere:

  • die Lebenssituation jedes Kindes zu berücksichtigen,
  • dem Kinder zur größtmöglichen Selbständigkeit und Eigeninitiative zu verhelfen, seine Lernfreude anzuregen und zu stärken,
  • dem Kind zu ermöglichen, seine emotionalen Kräfte aufzubauen,
  • die schöpferischen Kräfte des Kindes unter Berücksichtigung seiner individuellen Neigungen und Begabungen zu fördern,
  • dem Kind Grundwissen über seinen Körper zu vermitteln und seine körperliche Entwicklung zu fördern,
  • die Entfaltung der geistigen Fähigkeiten und Interessen des Kindes zu unterstützen und ihm dabei durch ein breites Angebot von Erfahrungsmöglichkeiten elementare Kenntnisse von der Umwelt zu vermitteln“ ($ 2 (2) GTK)

Der Waldkindergarten erfüllt also dieselbe Betreuungs- und Bildungsaufgabe wie jeder andere Regelkindergarten auch. Darüber hinaus bietet der Waldkindergarten aber auch die Möglichkeiten einer humanen ökologischen Entfaltung. Heute wächst auch bei uns Erwachsenen immer mehr das Bewusstsein, dass das Wechselspiel von Natur und Umwelt von besonderer Bedeutung für unser Leben und Lernen ist. Dies fließt immer stärker auch in pädagogische Konzepte ein und lässt sich durch die Arbeit im Waldkindergarten Wiesmoor in besonderer Weise realisieren: Die Kinder können ein positives Verhältnis zum Wald und zur Natur aufbauen und somit einen behutsamen Umgang mit jeder Art von Leben erlernen. Denn erst was sie leben und schützen gelernt haben werden sie auch schützen und in aller Schönheit bewahren!

Weitere elementare Pfeiler der pädagogischen Arbeit im Waldkindergarten Wiesmoor, auf die wir in diesem Kapitel näher eingehen, sind:

Die Rolle der Erzieherinnen

Grundlage der pädagogischen Arbeit im Waldkindergarten Wiesmoor sind die Erfahrungs- und Erlebniswelt der Kinder, ihre Interessen und Fragen, die sich aus den täglichen Begegnungen und Erlebnissen in Wiesmoor und dem Hopelser Wald ergeben. Die Erziehung wird nicht in erster Linie durch die Ideen und Handlungsweisen der Erzieherinnen angeregt und gelenkt, sondern geht von dem einzelnen Kind aus.

Das Waldstück im Hopelser Wald soll ein Spiel- und Lebensraum sein, in dem sich die Mädchen und Jungen wohlfühlen, verstecken, austoben, bewegen, zurückziehen, ausbreiten usw. können! Damit ein Kind hier wahrhaftig Kind sein kann ist die liebevolle, partnerschaftliche und von Vertrauen geprägte Umgebung sehr wichtig. In erster Linie verstehen sich die Erzieherinnen im Waldkindergarten als „Wegbegleiter, Helfer in Not, Ratgeber und Gepäckträger“ der Kinder. Immer wieder gilt es, sich selber zurückzunehmen, statt immer alles lenken und organisieren zu wollen. Ihre Aufgabe ist es vielmehr, die Kinder zu beobachten und auf ihrem Weg zu begleiten, ihr Handeln und Tun zu verstehen, zu unterstützen und so jedes einzelne Kind in seiner Entwicklung zu fördern und gezielt auf die Bedürfnisse zu reagieren. Die Erzieherinnen motivieren die Kinder, aus eigener Kraft und eigenem Antrieb heraus etwas schaffen zu können und zu wollen.

Nicht ständige Kontrolle, sondern das Vertrauen und Zutrauen in die Fähigkeiten der Kinder sind eine notwendige Grundlage der pädagogischen Arbeit, wenn es beispielsweise darum geht, sich an Regeln und Absprachen zu halten (wie z. B. beim Halteband warten, bis auch das letzte Kind der Gruppe da ist).

Immer wieder gilt es, eine Balance zwischen den aktuellen Bedürfnissen, den emotionalen Prozessen und der Spontanität der Kinder sowie den Aufforderungscharakter des Materials und verschiedener angeleiteter Spiel- und Lernangebote herzustellen. Denn zur richtigen Zeit gilt es, dem einzelnen Kind einerseits Hilfen und Anregungen anzubieten, ihm andererseits aber auch den Freiraum zu lassen, entsprechend der individuellen Fähigkeiten seine Absichten und Möglichkeiten auszuleben und sich weiterzuentwickeln.

Soziales Lernen in der Gruppe

Wie in jeder anderen Einrichtung auch lernen die Kinder des Waldkindergartens im Umgang mit Gleichaltrigen soziale Verhaltensweisen kennen. Dabei gilt es, zu gleichen Teilen die Selbständigkeit und Individualität des einzelnen Kindes sowie die Stärkung der Gruppe zu fördern. Alle Beteiligten sollen sich als Mitglieder einer Gruppe erfahren, in der einerseits auf die individuellen Wünsche, andererseits aber auch auf das Wohl der gesamten Gruppe Rücksicht genommen wird. Dies wird deutlich durch die unterschiedlichen Mitsprachemöglichkeiten der Kinder. So darf sich beispielsweise im regelmäßigen Wechsel ein Kind ein Lied oder Spiel wünschen, alle Anwesenden zählen und feststellen, welche Kinder an diesem Tag fehlen. Hier müssen auch Sonderrollen akzeptiert werden, wenn z. B. Das Geburtstagskind „Bestimmer“ für einen Tag ist, und alle anderen Kinder an diesem Tag versuchen, seinen Wünschen Folge zu leisten.Wichtiges Ziel der pädagogischen Arbeit ist es, in der Gruppe ein partnerschaftliches, gewaltfreies und gleichberechtigtes Miteinander zu leben und zu erfahren, vielleicht getreu dem Motto „voneinander lernen, füreinander da sein und einander helfen“, Rücksicht auf andere zu nehmen und Verständnis zu üben, einander zuzuhören, eigene Interessen zu erkennen und anderen gegenüber zu vertreten oder auch gegebenenfalls zurück zu stellen sowie Geduld zu entwickeln sind wichtige Bereiche, die das soziale Lernen umfassen sollte und die von den Erzieherinnen selbstverständlich vorgelebt werden. Dies lernen die Kinder vor allem im gemeinsamen (Frei-)Spiel kennen. Sie planen und gestalten miteinander und lernen hierbei, sich gegenseitig Hilfe und Unterstützung zu geben, sich auseinander zu setzen, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen oder auch gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Die Kinder lernen selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Handeln, welches jedoch auch die Interessen und Bedürfnisse anderer Gruppenmitglieder berücksichtigt. Die vielfältigen Erfahrungen in der Gruppe führen zu gegenseitiger Achtung und Anerkennung und sind somit der Ursprung für Gemeinsinn und Solidarität.

Bei einem gemeinsamen Vorhaben können die jüngeren Kinder der Gruppe gestalterisch tätig werden und sich die Älteren zum Vorbild nehmen. Diese wiederum übernehmen die Verantwortung, wenn sie den Jüngeren beim Bauen helfen oder aber Ratschläge geben. Auf jeden Fall trägt so ein Erfolgserlebnis des gemeinschaftlichen Gestaltens oder Bauens mit dazu bei, das Selbstwertgefühl und das Selbstvertrauen des einzelnen Kindes zu fördern sowie die Stärke der Gruppe zu spüren.

Der tägliche Aufenthalt im Wald fördert in besonderer Weise die Gemeinschaft von Jungen und Mädchen, weil sich mögliche Rollenklischees hier leichter auflösen. Die Mädchen erleben im Waldkindergarten eine große Selbstbestätigung und Ermutigung, wenn sie beispielsweise beim Überqueren eines Baches oder beim Klettern auf Bäume die gleichen zielgerichteten Erfahrungen wie die Jungen machen und nicht von ihnen an die Seite gedrängt werden.

Im Waldkindergarten sind zudem nur wenige Regeln und Gebote notwendig. Die meisten Regeln gelten dem Gesundheits- und Unfallschutz (z. B. sich nur bis Hörweite von der Gruppe entfernen, keine Waldfrüchte roh essen) und sind für die Kinder leicht verständlich und nachvollziehbar. Zudem sind die wenigen Regeln in einem gewissen Rahmen auch veränderbar oder die Erzieherinnen können die Kinder häufiger auch mal gewähren lassen, wobei die Kinder teilweise auch ein Mitspracherecht haben. Gleichzeitig lässt hier die geringere räumliche Einschränkung und Einengung auch Grenzen besser erleben und ausdrücken und innere Kräfte können nicht nur besser wahrgenommen, sondern auch erprobt werden und erscheinen den Kindern auch wirklich sinnvoll.

All diese beschriebenen sozialen Lernziele lassen sich erfahrungsgemäß in einer kleinen Gruppe von nur 15 Kindern leichter verwirklichen.

Schulung der Bewegung

Nichts ist für die Kinder in unserem Kindergarten so wichtig wie die Bewegung. Die meisten Entwicklungs- und Lernprozesse erfolgen bei den Kindern dieses Alters über die Motorik. Der Wald als Kindergarten stellt einen Lebensraum dar, in dem die Kinder ihren natürlichen Bewegungsdrang ungehindert ausleben können. Ganz im Gegenteil zu vielen anderen „Sitz-Institutionen“ finden die Kinder im Hopelser Wald unbegrenzte, natürlich gegebene Bewegungsmöglichkeiten vor und haben somit Platz zum „Kindsein“ im wahrsten Sinne des Wortes.

Durch das tägliche Laufen, Springen, Hüpfen, Klettern, Kriechen, Hangeln, Durchwaten und Balancieren in der freien Natur erwerben sie grobmotorische Fähigkeiten, auf deren Basis sich im weiteren Verlauf der Entwicklung die feinmotorischen Fähigkeiten ausbilden, wie sie z. B. zum Malen, Basteln oder Schreiben gebraucht werden. Zudem lässt das Bewegen und Spielen in freier Natur die Kinder selber ihre körperlichen Grenzen und Entwicklungsfortschritte erfahren.

Ein Kindergarten ohne Türen und Wände kann ferner dazu beitragen, dass sich Aggressionen und Stress durch die unbegrenzten Bewegungsmöglichkeiten leichter abbauen lassen.

Kinder wollen rennen, tollen, klettern und springen. Sie wollen spielen und sich bewegen und fordern damit ein, was sie sowohl für ihre gesunde körperliche und kognitive Entwicklung als auch für ihre psychische Orientierung brauchen. Im Bewegungsspiel und über ihre Bewegungsfreude werden zudem Lernfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Anstrengungswillen gestärkt. Die Bewegungsförderung dient auch der Unfallvermeidung. Die Kinder sollen hier sensorische und motorische Fähigkeiten erwerben, mit denen sie sowohl Gefahren wahrnehmen können als auch die Möglichkeiten erlangen, auf diese motorisch adäquat zu reagieren. Der Wald bietet und fordert, abhängig von den örtlichen Begebenheiten und dem Wetter dies täglich von den Kindern, mal mehr, mal weniger.

Seit September 2008 trägt unser Kindergarten das „Markenzeichen Bewegungskindergarten“, nachdem das Personal fachlich geschult wurde. Unterstützt werden wir seit 2007 von der „Turngemeinschaft Wiesmoor e.V.“. Einmal wöchentlich kommt die Übungsleiterin Anja Gerdes zu uns in den Wald und bietet ein sportliches Programm an, was von den Kindern sehr gern angenommen wird. Außerdem nutzen wir jeden ersten Dienstag im Monat die Turnhalle im Kindergarten Mullberg.

Förderung der Sinne

Nicht nur die Muskeln der Kindergartenkinder, sondern ebenso ihre Sinne, müssen trainiert werden! Unmittelbares Erleben und die eigenen Erfahrungen mit allen Sinnen stärken das Selbstbewusstsein des einzelnen Kindes und geben ihm emotionale Stabilität. Kinder, die ihre Sinne zu gebrauchen wissen, erleben mehr und sind innerlich reicher. Der Wald bietet ihnen eine Fülle von Bildern, Geräuschen, Gerüchen, Berührungs- und Bewegungsempfindungen, die zudem authentisch und durch unmittelbare Begegnung erlebbar sind. Der Wind und das Licht in den Bäumen, die ziehende weiße Wolke, der Geruch feuchter Walderde, der Raureif an den Gräsern, all dies sind Sinneseindrücke, die nur vor Ort im Wald zu erleben sind.

Unsere Welt ist heute vorwiegend visuell ausgerichtet, alle anderen Sinnesbereiche werden weitgehend vernachlässigt. Dem entgegenwirkend bietet der Raum und Spielplatz Waldkindergarten Wiesmoor eine Fülle von natürlichen Erfahrungs- und Erlebnismöglichkeiten, die alle Sinne gleichermaßen ansprechen! So können die Kinder beim Balancieren auf Baumstämmen und beim Überqueren von Gräben ihren Gleichgewichtssinn trainieren, sie befühlen und beschnuppern Blumen, Pflanzen und Laub. Sie zerreiben Blätter zwischen den Fingern und nehmen den Duft von Minze und Kamille wahr. Sie hören den Grillen und Vögeln zu, nehmen das Rascheln der Blätter wahr oder testen die unterschiedliche Konsistenz des Waldbodens.

Stille erleben

Stille ist in der heutigen Zeit selten geworden. Im Wald herrscht, anders als oft in geschlossenen Räumen, keine permanente Lärmbelästigung vor. Hier erleben und erfahren die Kinder wieder Stille, die allerdings von Zeit zu Zeit von Geräuschen, verursacht durch den Wind, Tiere, forstwirtschaftliche Arbeiten oder andere Waldbesucher, durchsetzt wird, die aber wiederum zum Innehalten und Zuhören auffordern. Die äußere Ruhe erzeugt bei den Kindern innere Ruhe und führt dazu, dass ihre Konzentrationsfähigkeit, ihre Ausdauer und das Wahrnehmungsvermögen wachsen. Dies wird deutlich, wenn die Kinder über einen langen Zeitraum hinweg ein Eichhörnchen im Unterholz beobachten oder ausdauernd einer Geschichte lauschen.

Das Freie (Spiel)en im Waldkindergarten

Früher spielten die Kinder überwiegend im Freien. Unabhängig von der Jahreszeit und vom Wetter trafen sich die Mädchen und Jungen draußen auf der Straße, im Hof, auf unbebauten Grundstücken, im Wald, auf Wiesen, spielten dort und gingen gemeinsam auf Entdeckerreise. Draußen zu spielen war für die Kinder der Inbegriff von Freiheit. Die Straße war ein Ort, an dem soziales Verhalten eingeübt, Absprachen getroffen und Spiele erfunden wurden.

Nicht nur in den (Groß-)Städten sondern auch in ländlicheren Gebieten geht dieses Spielen auf der Straße und im Freien heute immer mehr zurück und führt letztendlich auch zu veränderten kindlichen Sozialgefügen. Während sich die Kinder früher spontan in großen Gruppen im Freien trafen, verabreden sie sich heute zumeist nur mit einem Spielkamerad. Die meisten Kinder halten sich zudem vor allem in den Häusern, in ihren eigenen Zimmern auf, nicht selten „gefesselt“ von Fernsehen, Video und Computerspielen. Bereits Kinder im Kindergartenalter werden in immer stärkerem Maße von den Medien beeinflusst. So beträgt z. B. die tägliche Dauer des Fernsehens bei Vierjährigen bereits durchschnittlich 73 Minuten pro Tag (siehe Tügel, H. 1996, S. 91). An die Stelle von natürlichem, improvisiertem Spielmaterial tritt Fertigspielzeug im Überfluss! Das freie (Bewegungs-)Spiel wird durch organisierte Spiel-, Sport- und Übungsangebote ersetzt, „Fertiges“ wird serviert und so sind bereits die Nachmittage vieler Kindergartenkinder regelrecht verplant.

Das Freispiel in unserem Kindergarten, sicherlich das Herzstück unserer pädagogischen Arbeit, soll diesen negativen Trends entgegenwirken: die Kinder benötigen (wieder) Freiraum für selbständige Begegnungen, für eigene Entdeckungen und Erkundungen! Direkte Erfahrungen in der Natur, Bewegungsmöglichkeiten, ausgiebiges Spielen, unbeeinflusst durch festgelegte Bestimmungen von vorgefertigtem Spielzeug müssen jederzeit möglich sein. Sie sollen Platz, Raum, Natur, Nischen und Ecken vorfinden können, die sie selbst gestalten und entsprechend ihren Vorstellungen definieren können, wo sie sich frei bewegen können und die sie auch einmal vor dem Zugriff durch die Erwachsenen bewahren.

Das freie Spielen im Wald bietet all diese Möglichkeiten, nimmt man alleine die unerschöpfliche Fülle von „Rohstoffen“: Bäume, Wurzeln, Stöcke, Steine, Blätter, Rindenstücke, Zapfen,…., die sich nach Lust und Lauen in Menschen, Tiere, Flugzeuge oder in ein buntes Kaufladensortiment oder auch Werkzeuge aller Art verwandeln lassen. Gehört es doch zu einer besonderen Gabe jedes Kindes, aus sich heraus frei spielen zu können und sich mit Hilfe der eigenen Phantasie selber Spielzeug gestalten zu können. Eine Fähigkeit jedoch, die sich bedauerlicherweise verringert oder verloren gehen kann, wenn bereits Kindergartenkinder mit „leblosen Fertigspielzeug“ überschüttet werden. Denn mit einer Fülle von Spielwaren nimmt man den Kindern auch die Freude, etwas aus eigener Kraft herzustellen und das „selbst Gemachte“ mit eigenen Gedanken und Gefühlen zu verbinden.

„Ein Kindergarten unter freiem Himmel, ohne Türen und Wände“

Heute finden wir überall Rahmenbedingungen vor, die unsere Kinder zu „kleinen Erwachsenen“ machen, die zum Beispiel einen Computer wie selbstverständlich bedienen. Jedoch bleiben dabei häufig das Verständnis für natürliche Zusammenhänge und die sinnliche Erfahrung der Umwelt auf der Strecke. Nicht nur zu Gunsten unserer Kindern, sondern auch für eine positive Entwicklung unserer Gesellschaft, sollte dem entgegengewirkt werden!

In unserem Kindergarten kommt es nicht so sehr darauf an, dass die Kinder die Namen möglichst vieler Pflanzen und Tiere auswendig lernen. Vielmehr wird hier die Natur unmittelbar erlebt und erfahren! Das tägliche Spielen und Dasein unter freiem Himmel führt dazu, dass die Waldkinder eine feste Bindung zur Natur aufbauen. Eine große Sensibilisierung und Achtung für die zu schützende Umwelt kann so entstehen! Die Kinder erfahren aus nächster Nähe, in welchem Rhythmus ein Jahr abläuft und wie Pflanzen und Tiere sich den Jahreszeiten und dem Wetter anpassen. Die Kreisläufe der Natur, das Wachsen und Vergehen, werden von ihnen direkt wahrgenommen. Jeden Tag aufs Neue finden sie viele Gelegenheiten zum Staunen, verlieren schnell die Scheu vor kleinem Waldgetier und entwickeln eine feste Bindung an „ihren“ Wald.

Dieses Erleben und tatsächliche Begreifen des Waldes mit all ihren Sinnen sollen die Kinder in vielfältigster Weise erfahren haben, bevor sie Fragen stellen und Erklärungen aufnehmen können. Denn unmittelbares Erleben, Erfahrungen mit dem ganzen Körper und mit allen Sinnen anstelle von „Projektionen aus zweiter Hand“ geben den kleinen Menschen vor allem Selbstwertgefühl und eine emotionale Stabilität; wichtige Voraussetzungen, die sie benötigen, um später in unserer Gesellschaft nicht nur den vielfältigen Anforderungen gewachsen zu sein, sondern sich aktiv handelnd und kreativ einzusetzen (siehe Konzeption des Waldkindergartens Flensburg i. V. 1997). Dabei ist an dieser Stelle noch anzumerken, dass auch die Erzieherinnen nicht immer jede Frage der Kinder sofort beantworten können und wollen, was vielleicht aber auch ganz gut ist. Denn so lernen die Kinder, wo und wie man sich Hilfe und Antworten holen kann, wenn gemeinsam in Bestimmungsbüchern nachgeschaut wird oder der Förster und andere Fachleute um Rat gefragt werden.

Eine ganz besonders enge, fast liebevolle Bindung und Beziehung zur Natur können die Erzieherinnen und Eltern immer wieder feststellen, wenn sich die Kindergartenkinder lautstark über die Mitmenschen beschweren, die im Hopelser Wald ihren Abfall hinterlassen und den die Kinder dann in der Mülltüte zum Parkplatz tragen. Möglicherweise wächst aus dieser Zuneigung dann auch die Bereitschaft, später als großer Mensch Verantwortung für den Schutz der Natur und Umwelt zu übernehmen!